Tins, Tubes and Cron

Hoffmann Neopac Thun

Die Hoffmann Neopac AG, ein Traditionshaus, hat als Zusatzclaim zum Firmennamen «Tins and Tubes», also Büchsen und Tuben. Am Standort in Thun (The Tin) wird auf Grossformat-Bogenoffsetmaschinen das Metall für die Dosen bedruckt. Seit knapp zwei Jahren werden die Druckplatten auf einem VLF-CtP-System von Cron belichtet, einem chinesischen Hersteller. Was viele nicht wissen: Cron ist mittlerweile, was Stückzahlen betrifft, der weltgrösste CtP-Systemhersteller, allein in der Schweiz stehen über 30 Installationen.
Text: Paul Fischer / Bild: Chromos Group

Cron CtP-System bei Hoffmann Neopac
Cron CtP-System bei Hoffmann Neopac

Am Anfang stand das Repetiergewehr

Vor 130 Jahren, also 1890, gründete Eduard Johann Hoffmann in Thun eine Firma, die Patronenlader aus Karton und Metall für das damals brandneue «Repetiergewehr 1889» herstellte. Das Gewehr war bis zum berühmten «Karabiner 1931» die Standardwaffe der helvetischen Milizsoldaten. Doch das Rüstungsgeschäft war nicht von langer Dauer, bald einmal übernahm die Eidgenössische Munitionsfabrik Thun (heute Ruag Ammotech) den Auftrag. Die Firma Hoffmann stellte auf ihr bis heute bestehendes Kerngeschäft, die Herstellung von Blechdosen und Metallverpackungen, um. Daneben produzierte man weiterhin Kartonverpackungen, ein Geschäftszweig, von dem man sich mittlerweile völlig getrennt hat.

1934 übernahm man die Union AG aus Oberdiessbach, die ebenfalls Metallverpackungen produzierte. Später wurde die Firma in Neopac AG umbenannt, und 1954 begann man mit der Produktion von Kunststofftuben. 1965 stellte man die patentierte Polyfoil-Tube vor, damals eine technische Revolution. Seit 1998 heisst die Firma Hoffmann Neopac AG, und die Fokussierung an den beiden Standorten Thun als Kompetenzzentrum Metall (The Tin) und Oberdiessbach (The Tube) als Komptenzzentrum Tuben wird konsequent vorangetrieben. Die Hoffmann Neopac AG ist mittlerweile global tätig: Hoffmann «The Tin» mit 140 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Thun stellt pro Jahr 200 Mio. Dosen her. Die CM Packaging im niederländischen Dronten wurde 2019 übernommen und produziert mit über 50 Angestellten vor allem Metallverpackungen für die Tabakindustrie her.

Neopac «The Tube» in Oberdiessbach und 370 Angestellten produziert pro Jahr 540 Mio. Tuben. Dazu kommt Neopac Hungary mit 170 Beschäftigten und 280 Mio. Tuben. Seit 2017 ist man im Besitz der Neopac 3D, mit Sitz im indischen Mumbai. Der drittgrösste Tubenhersteller Indiens produziert mit 550 Beschäftigten 150 Mio. Tuben pro Jahr. Und last, but not least gibt es die Neopac USA mit einer Kapazität von jährlich 80 Mio. Tuben. Die Strategie des Gesamtunternehmens ist klar formuliert: an den Standorten in der Schweiz setzt man auf Innovation und Produkte mit hoher Wertschöpfung für globale Kundschaft mit entsprechen-den Ansprüchen. Der Ausbau der ausländischen Standorte erfolgt vor allem, um in den regionalen und kontinentalen Märkten präsent zu sein.

Darum setzt man auf Cron

Gerhard Wallner ist Prepress Production Manager der Hoffmann Neopac AG in Thun. Er ist nicht irgendein Prepress Manager, sondern DER Prepress Manager. Denn hier in Thun ist die gesamte Druckvorstufe angesiedelt, also auch Oberdiessbach wird von seinem Team beliefert. Das ist eine umfassende, komplexe Aufgabe. Wenn er aus seinem Arbeitsalltag erzählt, wird schnell einmal klar, dass hier die «Uhren anders ticken» als in traditionellen Akzidenzdruckereien.

Tins, Tubes and Cron Printing
Gerhard Wallner, Presspress Production Manager, Hoffmann Neopac AG

Gerhard Wallner: «Ich arbeitete früher in solchen Unternehmen. Da waren Schnelligkeit und Flexibilität wichtig. Da kann manchmal der eine oder andere Fehler auftauchen, damit kann man umgehen. Bei der Dosen- oder Tubenproduktion ist die Situation aber völlig anders. Diese Materialien sind im Vergleich zu Karton und Papier viel teurer. Nur schon vor diesem Hintergrund ist es deshalb für uns enorm wichtig, keine Fehler zu machen. Deshalb lassen wir uns auch nicht auf Experimente ein. Technologien, mit denen wir arbeiten, müssen absolut zuverlässig und ausgereift sein.»

Ausgereift waren auch die CtP-VLF-Vorgängerbelichter, welche fast zwanzig Jahre im Einsatz standen. Hier bestand Handlungsbedarf. Die Ausgangslage war aber nicht so einfach. Gerhard Wallner: «Es gibt heute nicht mehr so viele potenzielle Anbieter von VLF-CtP-Systemen. Wir schauten uns die infrage kommenden Systeme an, bis Chromos, welches uns seit vielen Jahren die Fujifilm-Druckplatten liefert, uns auf Cron aufmerksam machte. Ich dachte zuerst: ‹Hm, Cron, ein chinesischer Anbieter. Noch nie gehört.› Und ehrlicherweise war ich zunächst einmal skeptisch. Chinesische Produkte und zuverlässige Hightech? Da war mir nicht ganz wohl dabei. Doch nachdem ich mich mit den Produkten von Cron vertraut und auch Anwender besucht hatte, erkannte ich schnell, dass wir es hier mit qualitativ hochstehenden Produkten zu tun hatten.»

Ein Besuch bei Cron

Im Herbst 2018 hatte der Autor dieses Berichts die Möglichkeit, die Firma Cron in Hangzhou zu besuchen. An dieser Stelle nochmals die Eindrücke, welche damals niedergeschrieben wurden: Ein interessantes Thema ist die Hangzhou Cron Machinery & Electronics Co. Ltd. in Hangzhou, der Hauptstadt einer Provinz, die für ihr reiches geschichtliches und kulturelles Erbe bekannt ist. Hier befindet sich die Firma Cron. Wer oder was ist Cron?

Gegründet wurde das Unternehmen von einem Universitätsprofessor, Fachrichtung grafische Industrie. Das Unternehmen produzierte verschiedenstes Gerät für grafische Applikationen und 1996 begann man CtP-Systeme zu entwickeln. 2014 ging man ein Joint-Venture mit der US-amerikanischen ECRM ein, und gemäss eigener Einschätzung verkauft Cron 2018 weltweit die meisten neuen CtP-Systeme.

In der Schweiz vertreten Thomas Früh und die Chromos Group die Firma und mittlerweile stehen bereits über 30 Anlagen hierzulande. Darunter einige sehr prominente Druckereien aus dem Verpackungsbereich. Thomas Früh empfing die Studienreisegruppe in Hangzhou und schilderte mit viel Elan die Entwicklung, welche das Unternehmen in den letzten Jahren gemacht hat. Natürlich sind Cron-CtP-Systeme preislich etwas günstiger als ihre Mitbewerber, doch laut seiner Einschätzung gibt es einen ganz anderen Punkt, der Cron zur weltweiten Nummer 1 im CtP-Systemmarkt gemacht hat.

Thomas Früh: «Im Gegensatz zu den westlichen und japanischen CtP-Systemanbietern, die ihre Entwicklungsbudgets in den Digitaldruckbereich verlegt haben, hat Cron seine CtP-Systeme permanent weiterentwickelt und technische Innovationen hervorgebracht. Bei einem Rundgang in den Produktionsräumlichkeiten von Cron konnte sich die Studiengruppe selbst davon überzeugen, auf welch hohem qualitativen Niveau hier produziert wird. Herzstück ist das Zylinderschleifen, dass mit Hochpräzisionsmaschinen vor Ort gemacht wird. Die Causa Cron regt zum Nachdenken an. Hier, mitten in China, wird bewährte Hightech gebaut. Während die ganze grafische Fachwelt fasziniert hinschaut, was im Wettkampf der Zukunftstechnologie Digitaldruck passiert, geht schnell einmal vergessen, dass die meisten grafischen Betriebe noch auf Jahre hinaus konventionelle, aber moderne Produktionstechnologie in guter Qualität, leistungsfähig und von den Investitionskosten erschwinglich, benötigen. Und solche Technologie kommt zunehmend aus China. Mit Billig oder Copy-Paste hat das nicht mehr viel zu tun.»

Wallners Fazit

Was waren die Gründe für Hoffmann Neopac, in die neue CtP-Anlage von Cron zu investieren? Gerhard Wallner: «Zunächst einmal ist die Maschine sehr ausgereift. Dies hat sich auch in der Praxis bestätigt. Vorher arbeiteten wir mit zwei Systemen, wir haben aber heute nur einen Cron-CtP-Belichter im Einsatz. Seit wir die Maschine installiert haben, läuft sie zuverlässig. Natürlich gibt es Situationen, wo wir Service-Einsatz benötigen, doch da sind wir mit Thomas Früh, der aus der Schweiz operiert, und die zusätzliche Unterstützung durch die CHROMOS Group bestens bedient. Gerade in den letzten Monaten mit der Covid-19-Pandemie erwies sich der Punkt mit der regionalen oder lokalen Verfügbarkeit von Service-Technikern als absolut essenziell.»


Allerdings, betont Gerhard Wallner, möchte er den Sicherheitsfaktor erhöhen. Die Beschaffung eines zweiten Gerätes steht mittlerweile zur Diskussion, nicht weil er unzufrieden ist, sondern weil es langfristig besser sei, mit einem Backup-CtP-System zu arbeiten. Dazu kommt noch ein weiterer Grund: «Es gibt mittlerweile immer weniger Anwender von Grossformat-Bogenoffsetmaschinen in der Schweiz. Damit haben wir auch immer weniger Ausweichmöglichkeiten, um dort im absoluten Notfall unsere Platten auszubelichten.» Natürlich spielte beim Investitions-Entscheid der Preis eine Rolle. Gerhard Wallner: «Der Cron-CtP-Belichter war, das darf man sagen, günstiger als seine Mitbewerberprodukte.» Allerdings muss man an dieser Stelle auch etwas anmerken: die reinen System-Preisvergleiche sind ohnehin eine schwierige Angelegenheit. Viele Investitionsentscheide im CtP-Belichtersegment werden heute im Zusammenhang mit Plattenverträgen abgeschlossen.
Das wollte man offensichtlich bei Hoffmann Neopac nicht. Gerhard Wallner räumt ein: «Der Preisunterschied hat den Entscheid natürlich erleichtert, aber das alleine war kein Argument. Im Gegenteil, wie bereits erwähnt, mussten Thomas Früh und Chromos meine anfängliche Skepsis ausräumen.» Und es gibt noch ein weiteres wichtiges «Pro-Cron»-Argument. Gerhard Wallner: «Die Chinesen zeigen sich äusserst flexibel. Alle anderen Anbieter bieten uns immer nur Anlagen, welche in einer Linie sind und dementsprechend Platz benötigen. Den hatten wir nicht. Cron hat uns ohne abgewinkelte Gesamtanlage angeboten, ohne zusätzlichen Aufwand. Die anderen Bewerber sind hingegen überhaupt nicht auf unsere Wünsche eingegangen.»


Gerhard Wallner zusammenfassend: «Cron bietet heute ausgereifte und, dass muss man auch sagen, innovative CtP-Belichter an. In den Gesprächen mit den Lieferanten spüren wir, dass bei denen die Weiterentwicklung von CtP-Systemen gar nicht mehr auf der Agenda steht. Bei Cron hingegen ist es ihr Kerngeschäft. Und weil die eben nicht mit einem der grossen Plattenlieferanten verbandelt sind, haben sie andere Prioritäten. China und zuverlässige Hightech – das geht offensichtlich. Das hätte ich in dieser Form nicht erwartet. Aber es ist Tatsache.”

Hoffmann Neopac (hoffmann-neopac.com), Bericht Hoffmann.pdf (gpsystems.ch)

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