Die öffentliche Meinung zum Thema Kunststoffverpackungen hinsichtlich Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein ist weitgehend klar und wird von starken Bildern geprägt. Kunststoff ist schlecht und schädigt die Umwelt. Dem gibt es eigentlich nichts hinzuzufügen – oder doch? Betrachtet man die Thematik aus dem Blickwinkel der Funktion einer Verpackung, beziehungsweise dem Wegfallen dieser Funktion, so relativiert sich das Bild und schafft eine differenzierte Perspektive.
Negative Bilder: Die Macht der visuellen Wahrnehmung
Die Bilder, die wir zu sehen bekommen, sind mehrheitlich die gleichen: Riesige Flächen verschmutzter Ozeane, die Wasseroberfläche gleicht einer Müllkippe voller Verpackungsmüll. Strände, die im Plastikmüll versinken, Tiere, die qualvoll daran und darin verenden.
Die Vermeidung von Plastik im Konsumgüterbereich wird jedem von uns nahegelegt und durch gesetzliche Vorgaben vorangetrieben. Dabei sind sich die gesetzgebenden Instanzen weder auf europäischer Ebene noch global einig, wie beispielsweise PCR (Post Consumer Recycled) Material wieder im Konsumgüterbereich eingesetzt werden darf und welche Vorgaben eine sinnvolle Kreislaufwirtschaft ermöglichen.
Kunststoff oder Plastik?
Kunststoff und Plastik werden oft synonym verwendet, aber es gibt feine Unterschiede zwischen den Begriffen.
Kunststoff:
- Der Begriff „Kunststoff“ ist der allgemeinere und technischere Begriff. Er bezieht sich auf eine breite Palette von synthetischen oder halbsynthetischen Materialien, die aus Polymeren bestehen. Diese Polymere werden durch chemische Prozesse aus Monomeren hergestellt.
- Kunststoffe können in vielen verschiedenen Formen und Eigenschaften vorliegen, abhängig von den spezifischen Polymeren und Zusatzstoffen, die verwendet werden. Sie können hart oder weich, transparent oder opak, widerstandsfähig gegen Hitze oder kälteempfindlich sein.
- Beispiele für Kunststoffe sind Polyethylen (PE), Polypropylen (PP), Polyvinylchlorid (PVC) und Polystyrol (PS).
Plastik:
- „Plastik“ ist ein umgangssprachlicher Begriff, der oft verwendet wird, um Kunststoffe im Allgemeinen zu beschreiben. Er wird meist verwendet, wenn von alltäglichen Gegenständen wie Flaschen, Tüten, Spielzeugen usw. die Rede ist.
- Plastik wird oft mit Einweg- oder Wegwerfprodukten in Verbindung gebracht, die leicht und kostengünstig herzustellen sind.
- Obwohl Plastik streng genommen ein Kunststoff ist, wird der Begriff weniger im technischen oder wissenschaftlichen Kontext verwendet und mehr im alltäglichen Sprachgebrauch.
Zusammengefasst ist jeder Plastik ein Kunststoff, aber nicht jeder Kunststoff wird als Plastik bezeichnet. Kunststoff ist der präzisere Begriff, besonders wenn es um technische oder wissenschaftliche Kontexte geht, während Plastik häufiger im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet wird, oft in Bezug auf Konsumgüter und Einwegprodukte.
Klimawandel und Verpackungen: Eine vernachlässigte Perspektive
Im gleichen Masse, in dem die öffentliche Meinung weiter in Richtung «plastikfreier Haushalt» als einzigem Ausweg aus den Müllproblemen unserer Wohlstandsgesellschaft rückt, verschwindet ein Aspekt in diesem Kontext aus der öffentlichen Diskussion, mit dem wir tagtäglich konfrontiert werden: Der globale Klimawandel, verursacht durch den konsumbedingten CO₂ Ausstoss unserer Gesellschaft. Sehr leicht wird in diesem Zusammenhang die Verpackung aufgrund ihrer Herstellung und der oben beschriebenen Probleme hinsichtlich des Recyclings als klimaschädlich und nicht unerhebliche Treibfeder des Klimawandels gesehen. Der Anteil der Herstellung des Füllguts und der Verpackung am gesamten CO₂-Fussabdruck des Produkts wird dabei grundsätzlich falsch eingeschätzt.
Umweltfussabdruck von Verpackungen
Gemäss einer repräsentativen Studie von INNOFACT im Auftrag des Deutschen Verpackungsinstituts DVI vom März 2023 glaubt die Hälfte der Befragten, dass die Verpackung einen grösseren Umweltfussabdruck verursacht als das darin verpackte Produkt. 20% konnten die Frage gar nicht beantworten und nur rund 30% konnten die Verhältnisse richtig beurteilen. Tatsächlich entfallen bei verpackten Lebensmitteln im Durchschnitt nur 3.2% der Klimaauswirkung auf die Verpackung, während 97% durch die Produktion des Lebensmittels selbst verursacht werden.
Diese Diskrepanz zeigt sich auch bei verschiedenen Lebensmitteln. Zum Beispiel verursacht die Produktion von Fleisch erhebliche CO2-Emissionen. Ein Kilogramm Roastbeef hat einen CO2-Fussabdruck von etwa 42 kg CO2e, während die Verpackung 0.21 kg CO2e beträgt. Das bedeutet, dass der CO2-Fussabdruck des Produkts etwa 200-mal grösser ist als der der Verpackung. Ähnlich verhält es sich bei Käse. Der Carbon Footprint von 1 kg Schnittkäse beträgt 8.9 kg CO2e, wobei die Verpackung 0.046 kg CO2e ausmacht. Bei Salatgurken beträgt der CO2-Fussabdruck des Produkts 0.48 kg CO2e pro kg, während derjenige der Verpackung 0.0043 kg CO2e beträgt.
Diese Beispiele verdeutlichen, dass die Umweltwirkung des verpackten Produkts in der Regel um ein Vielfaches grösser ist als diejenige der Verpackung.
Funktion von hochfunktionalen Verpackungsfolien
Hochfunktionale Verpackungsfolien bieten mehrere entscheidende Vorteile. Sie schützen Lebensmittel vor Sauerstoff, Feuchtigkeit und Licht, was die Haltbarkeit erheblich verlängert. Ohne diese Barrieren würden viele Lebensmittel schneller verderben, was zu einem erhöhten Nahrungsmittelabfall führen würde. Verpackungen verhindern auch physische Beschädigungen während Transport und Lagerung, was besonders wichtig für empfindliche Produkte wie Obst und Gemüse ist. Darüber hinaus enthalten Verpackungen wichtige Informationen wie Nährwerte, Verfallsdatum und Herkunft, die für den Verbraucher essenziell sind.
Folgen des Wegfalls schützender Verpackungsfunktionen
Der Verzicht auf hochfunktionale Verpackungen könnte gravierende Konsequenzen haben. Wenn Lebensmittel verderben, fallen die CO₂-Emissionen doppelt an, da Ersatz produziert werden muss. Laut einer Studie der FAO werden jährlich etwa 1.3 Milliarden Tonnen Lebensmittel verschwendet, was zu massiven Emissionen führt. Die Kosten für verderbliche Waren könnten steigen, da Händler Verluste durch höheren Ausschuss ausgleichen müssten. Die Reduktion von Foodwaste ist ein wesentliches Ziel im Kampf gegen den Klimawandel. Wenn Verpackungen wegfallen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass mehr Lebensmittel ungenutzt weggeworfen werden. Durch den Schutz vor Verderb und Beschädigung trägt die Verpackung erheblich zur Reduktion von Lebensmittelabfällen und damit zur Verringerung der gesamten CO2-Emissionen bei.
Ein besonders wichtiger Punkt ist der CO₂-Ausstoß, der durch Foodwaste verursacht wird. Dieser beläuft sich auf etwa 4.4 Gigatonnen CO₂-Äquivalent pro Jahr, was ungefähr 10% der globalen vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen entspricht. Wären Lebensmittelverluste ein Staat, wäre dieser mit 4.4 Gigatonnen CO₂-Emissionen der drittgrößte Verursacher von Treibhausgasen weltweit, nach China und den USA. Zum Vergleich: China ist für etwa 21% und die USA für etwa 13% der globalen Emissionen verantwortlich.
Diese immense Menge an Emissionen verdeutlicht, wie wichtig es ist, Lebensmittelabfälle zu reduzieren. Nebst einem bewussteren Konsumverhalten kann auch die Verwendung von hochfunktionalen Verpackungen Foodwaste und die damit verbundenen Emissionen reduzieren, da sie dazu beitragen, die Haltbarkeit von Lebensmitteln verlängern. Verpackungen spielen daher eine entscheidende Rolle im Umweltschutz, indem sie die Verschwendung von Lebensmitteln und die daraus resultierenden Emissionen verringern.
Zusätzliche Handlungsansätze
Neben der Optimierung von Verpackungen sollten auch weitere Ansätze betrachtet werden. Die Entwicklung von biobasierten und vollständig recycelbaren Materialien kann helfen, die Umweltauswirkungen zu minimieren. Dazu zählen beispielsweise Materialien auf Zellulosebasis oder kompostierbare Kunststoffe. Durch die Reduktion der Materialstärke und die Verwendung von Monomaterialien kann die Recyclingfähigkeit verbessert werden. Dies reduziert nicht nur den Materialverbrauch, sondern erleichtert auch das Recycling. Ein stärkerer Fokus auf Kreislaufwirtschaftskonzepte, bei denen Materialien wiederverwendet und recycelt werden, kann helfen, die Abhängigkeit von neuen Rohstoffen zu reduzieren.
Zusätzlich zeigt eine Analyse des NABU (Naturschutzbund Deutschland) e. V., dass durch den Ersatz von Verpackungen aus Einwegglas oder Weißblech durch flexible Folienverpackungen erhebliche Einsparungen bei den CO2-Emissionen erzielt werden können. Flexible Folienverpackungen haben eine deutlich geringere CO2-Bilanz im Vergleich zu schwereren Einwegverpackungen aus Glas oder Metall, insbesondere wenn sie recycelbar sind oder aus recycelten Materialien bestehen. Dies unterstreicht das Potenzial von flexiblen Verpackungslösungen, nicht nur Material und Energie zu sparen, sondern auch die Umweltauswirkungen insgesamt zu verringern.
Abschließend lässt sich sagen, dass die Rolle von Verpackungen im Kontext der Nachhaltigkeit komplex ist. Während der Verzicht auf Kunststoffverpackungen aus Umweltperspektive sinnvoll erscheinen mag, müssen die Funktionen der Verpackungen und ihre Bedeutung für die Reduktion von Foodwaste berücksichtigt werden. Es zeigt sich deutlich, dass der CO2-Ausstoß durch die Produktion der Lebensmittel selbst in der Regel um ein Vielfaches höher ist als der durch die Verpackung verursachte CO2-Ausstoß.
Durch den Einsatz hochfunktionaler Verpackungen kann der Foodwaste erheblich reduziert werden, was wiederum den gesamten CO2-Fußabdruck der Lebensmittelproduktion verringert. Innovative Materialien und Designansätze bieten zudem die Möglichkeit, Verpackungen umweltfreundlicher zu gestalten, ohne auf ihre schützenden Funktionen zu verzichten. So kann eine Balance zwischen Umweltschutz und effektiver Verpackungslösung erreicht werden, die sowohl die Reduktion von Lebensmittelabfällen als auch die Minimierung der Umweltauswirkungen von Verpackungen fördert.
Quellen:
- UNEP Food Waste Index Report 2024
- World’s Top Emitters Interactive Chart, World Resources Institute
- Nutzen von Verpackungen, AGVU Arbeitsgemeinschaft Verpackung und Umwelt e.V., 2019
- NABU Lebensmittelverpackungen im Vergleich
- Studie von INNOFACT im Auftrag des Deutschen Verpackungsinstituts DVI vom März 2023
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