Kunststoffminimierung in der Verpackungsindustrie: Ein Einblick durch WEILBURGER Graphics GmbH

Kunststoffminimierung in der Verpackungsindustrie: Ein Einblick durch WEILBURGER Graphics GmbH CHROMOS Group

In einer Welt, die zunehmend sensibel auf Umweltfragen reagiert, ist die Substitution von Kunststoff in Verpackungen ein Thema von zentraler Bedeutung. WEILBURGER Graphics GmbH steht an vorderster Front dieser Bewegung und setzt innovative Technologien ein, um nachhaltigere Verpackungslösungen zu entwickeln. In diesem Interview gibt Bastian Pinsenschaum, Leiter Technischer Service & Produktmanagement bei WEILBURGER Graphics GmbH, Einblick in die Herausforderungen und Möglichkeiten, die die Reduzierung von Kunststoff in Verpackungen mit sich bringt.

Warum sollte Kunststoff in Verpackungen möglichst vermieden werden?

Bevor wir uns diesem großen und umfassenden Thema nähern, müssen wir es auf den für uns relevanten Bereich herunterbrechen. Für uns als WEILBURGER Graphics GmbH bedeutet die Substitution von Kunststoff in Verpackungen die intelligente Ausstattung von faserbasierten Materialien mit zusätzlichen Funktionen. Ein Beispiel wäre das Aufrüsten einer ungestrichenen Kartonrückseite mit einer Fettsperre. Intelligent wird es aus unserer Sicht dann, wenn es gelingt, alle notwendigen Anforderungen an die Verpackung zu erfüllen und die Herausforderungen einer problemlosen Kreislaufwirtschaft zu meistern.

Auch wenn es etwas schwierig ist, müssen wir uns mit den Hintergründen beschäftigen. Auf der einen Seite ist da der rechtliche Teil zu nennen, der leider nur sehr schwer zu durchschauen ist. Beginnend mit der europäischen Verpackungsrichtlinie 94/62/EG und der Richtlinie über Einwegkunststoffe (Single Use Plastics Directive) gibt es eine Vielzahl von Verzahnungen in der nationalen Gesetzgebung. Für den deutschen Raum seien hier insbesondere die Einwegplastik-Verbotsverordnung und das Verpackungsgesetz mit seinem §21 zur ökologischen Produktgestaltung genannt. Aus §21 leitet sich der Mindeststandard für die Bemessung der Recyclingfähigkeit von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen ab. Dieser Mindeststandard wird jährlich überarbeitet und von der Zentralen Stelle Verpackungsregister veröffentlicht und bietet nicht nur Hilfestellung, Verpackungen ökologisch zu verbessern, sondern wirkt sich auch direkt auf die zu entrichtenden Entgelte aus.

Die umzusetzenden Vorgaben, die auch markeninhaberspezifisch sein können, entwickeln sich aus den Hilfestellungen und Vorgaben. Das heißt, sie sind stärker ausgeprägt als die gesetzlichen Vorgaben. Diese Anforderungen beziehen sich noch nicht auf die Sicherheit des Füllgutes, sondern eher auf das „End of Life“ der Verpackung. Die lebensmittelrechtlichen Komponenten kommen hier zusätzlich zum Tragen und erweitern somit das Anforderungsprofil nochmals.

Aufgrund des allgegenwärtigen „Kunststoff-Bashings“ werden immer mehr Verpackungen auf Faserbasis produziert. Zum Beispiel für Produktverpackungen von Nudeln, Kaffee oder Wurst. Diese sehen zwar oft nach ökologischem Mehrwert aus, lassen sich aber häufig schlechter recyceln als sortenreine Kunststoffverpackungen. Um diesem aus meiner persönlichen Sicht bedenklichen Trend entgegenzuwirken, braucht es ein Verständnis für das System nach dem Ende des Verpackungslebens und den eigenen Willen zur Verbesserung!

Welche Anwendungen sind dafür geeignet?

Alle Anwendungen, bei denen Kunststoff ohne wesentliche Nachteile für das Produkt und seine Handhabung ersetzt werden kann, sind zu hinterfragen. Lässt sich die neu gestaltete (faserbasierte) Verpackung dann auch noch problemlos in den Recyclingkreislauf integrieren, besteht aus unserer Sicht Handlungsbedarf. Gerade der Bereich der Tiefkühlverpackungen, der derzeit über kunststoffbeschichtete Kartonagen gelöst wird, bietet hier viele Möglichkeiten für moderne Beschichtungen.

Lässt sich Kunststoff überhaupt vollständig ersetzen?

Aus unserer Sicht ein klares Nein. Vielmehr gilt es zu prüfen, wo Kunststoff wirklich eingesetzt werden muss und den verbleibenden Bereich im Hinblick auf eine optimale Verwertung im Recyclingkreislauf zu optimieren.

Wo ist Substitution sinnvoll, wo eher nicht?

Generell ist es immer sinnvoll, auch branchenübergreifend, Kunststoffe zu substituieren, wenn umweltfreundlichere Alternativen zur Verfügung stehen. Insbesondere der Markt für Einwegverpackungen birgt außerordentliche Potenziale. Ausgehend von dem Ziel, den CO2-Fußabdruck zu reduzieren, muss jedoch immer der gesamte Prozess beleuchtet werden, ob der Einsatz möglicher Alternativen letztendlich auch zu einer Reduzierung führt. Hier muss die Sinnhaftigkeit hinterfragt werden.

Was ist der aktuelle Stand, was wurde bereits realisiert, welche Erfahrungen gibt es?

Bereits heute realisierbar sind Lebensmittelverpackungen für den direkten Kontakt mit trockenen, feuchten und fettenden Lebensmitteln. Die so hergestellten Materialien sind bereits vielfältig im Einsatz und begegnen uns täglich (z.B.: bei Backwaren). Auch Papiere und Kartonagen können wir mit einer Wasserbeständigkeit ausstatten. Unser Praxisbeispiel „Getränkekühler“ bleibt beispielsweise ca. 7 Tage wasserdicht. Ein mit solchen Eigenschaften ausgestattetes Substrat bietet vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Einer unserer Kunden hat diese Eigenschaft in die Praxis umgesetzt. Er entwickelte unter Verwendung unseres Imprägnierlacks Spargelbanderolen, die die bisher üblichen Banderolen aus Kunststoff vollständig ersetzten.

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Was sind die Herausforderungen bei der Umsetzung?

Bei der Umstellung von reinen Kunststoffverpackungen auf faserbasierte Verpackungen ergeben sich nach Prüfung der Sinnhaftigkeit drei technische Herausforderungen:

Die erste Hürde, die es bei solchen Anwendungen zu überwinden gilt, ist die notwendige Auftragsmenge. Bei der Imprägnierung von faserbasierten Materialien handelt es sich fast immer um stark saugende Substrate. Diese müssen vollständig und porenfrei mit einem Imprägnierlack beschichtet werden. Durchdringen Fasern die Schicht, wirken sie wie Strohhalme und ziehen Öle oder Wasser in das zu schützende Substrat. Die Wirkung wird erheblich geschwächt. Je nach verwendetem Material kann der Schlüssel zum Erfolg in einem einmaligen Auftrag mit sehr hoher Auftragsmenge oder in einer Inline-Applikation mehrerer dünner Schichten liegen. Offline ist ein mehrfacher Auftrag meist nicht möglich, da sich die Schichten nach ausreichender Trocknung abstoßen. Dies ist zu beachten und ggf. im Vorfeld zu testen. Hier sind wir mit unserem Labor gerne behilflich!

Die zweite Hürde ist die porenfreie Applikation. Jede Störung in der Oberfläche, z.B. durch Lufteinschlüsse, stört die Funktion der Schicht und führt zu einer deutlichen Verschlechterung des Ergebnisses bis hin zum Versagen der Wirkung. Deshalb werden es Einzelapplikationen immer schwerer haben als Mehrfachapplikationen.

Die letzte Hürde ist wahrscheinlich die schwierigste. Um mit Produkten, die mit Imprägnierlack ausgerüstet sind, erfolgreich zu sein, muss in vielen Projekten das Verpackungsdesign überdacht bzw. die Verpackung neu konstruiert werden. Ein einfacher Nachbau bestehender Produkte, die auf Kunststoffschichten basieren, wie z.B. PE-beschichteter Karton, ist meist nicht ohne weiteres möglich. Rillungen, Verklebungen oder Siegelnähte müssen anders gestaltet werden, und die Verpackung muss entsprechend ihrer technischen Gegebenheiten oder Besonderheiten neu konstruiert werden. Auch bestehende Abfüllanlagen müssen an die neuen Herausforderungen angepasst werden. Dieser Aufgabe stehen wir alle gemeinsam gegenüber! Technisch ist sie in vielen Fällen lösbar, aber wir brauchen hier viel Überzeugungskraft und vielleicht auch etwas Mut, neue Wege zu gehen.

Wohin geht die Reise, was packt WEILBURGER Graphics diesbezüglich als nächstes an?

Wie diese neuen Wege aussehen können, ist nun eine berechtigte Frage und einige habe ich bereits angedeutet. Was werden wir also in der nächsten Zeit sehen? Wir werden Tiefkühlverpackungen sehen, bei denen die Innenbeschichtung durch Imprägnierlacke ersetzt wird. Recyclingfähige, beschichtete Verpackungen auf Faserbasis werden mit großer Wahrscheinlichkeit in den Süßwarenbereich eindringen und dort zu einer Anpassung der Verpackung führen. Die ersten großen Versuchsprojekte laufen bereits und wir sehen viele weitere in den Startlöchern.

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Verpackungen werden sich verändern – auch weil sie sich verändern müssen! Wenn sie sich nicht ändern und wir es gemeinsam nicht schaffen, die Recyclingfähigkeit von Verpackungen als hohes Gut zu etablieren, wird uns der Gesetzgeber mit großer Wahrscheinlichkeit dazu zwingen. Das wäre für uns alle eine Einschränkung unserer Möglichkeiten und muss daher aus meiner Sicht durch die Umsetzung der bereits vorhandenen Mittel verhindert werden.

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